
E-Mail-Werbung versus Telefonakquise – überraschende Rechtslage
Bei Kundengesprächen begegne ich immer wieder einem Vorurteil: „In meiner Branche eignet sich für die Neukundengewinnung ein Mailing besser als die Telefonakquise.“ Die Gründe mögen auf der Hand liegen: E-Mail-Werbung ist schnell verschickt und erfordert nicht soviel Courage wie ein Anruf in einem fremden Unternehmen.
Gleichzeitig unterstellen immer noch viele, dass Mailings ihre Empfänger nicht so stark belästigen wie ein Anruf. Doch ist das wirklich so? Tatsächlich ist die Rechtslage zur E-Mail-Werbung strenger als die zur Telefonakquise – auch im sonst weniger regulierten B2B-Bereich.
Rechtslage: besser anrufen als schreiben
"Bei der gewerblichen Neukundenakquise sollten Unternehmer tatsächlich besser aufs Telefon als auf E-Mail-Werbung setzen“, weiß Rechtsanwältin und Datenschutzexpertin Jutta Löwe. Nur bei Bestandskunden sind Mailings erlaubt, wenn Werbende folgende Voraussetzungen beachten:
- Sie haben die elektronische Postadresse im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden erhalten.
- Sie haben die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet.
- Der Kunde hat der Verwendung nicht widersprochen.
- Der Kunde wurde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann.
E-Mail-Werbung: doppeltes Einwilligungsverfahren nötig
Andernfalls dürfen weder Kunden noch Verbraucher per E-Mail-Werbung kontaktiert werden. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG, § 7 Abs. 2 Nr. 3) sieht vor, dass Empfänger zuvor ausdrücklich in die Zustellung eingewilligt haben müssen. Dazu ist das sogenannte doppelte Einwilligungsverfahren (Double-Opt-In) vorgesehen. In einem ersten Schritt trägt der Interessent seine E-Mail-Adresse in ein Anmeldeformular ein und versendet es. An die in dem Formular angegebene Adresse erhält er danach eine E-Mail mit einem Bestätigungslink. Nun hat er die Möglichkeit, ein zweites Mal zu erklären, dass er künftig E-Mail-Werbung erhalten möchte. Reagiert der Empfänger nicht binnen weniger Tage („Time out“) mit einem Klick auf den Link, dürfen ihm keine weiteren Mails mehr geschickt werden.
Warum der Gesetzgeber Mailings erschwert, hat seinen Grund: „E-Mail-Spam empfinden die meisten Menschen als unerträglich“, erklärt Jutta Löwe. Zudem war unerwünschte E-Mail-Werbung früher angesichts geringer Bandbreiten, fehlender Flatrates und unzureichender Spam-Filter ein echtes Ärgernis und häufiger Grund für Beschwerden vor Gericht. Heute sind die technischen Rahmenbedingungen besser, dennoch hat sich die Rechtslage verschärft. Selbst dann, wenn:
- Unternehmensadressen
- eigene Interessentenadressen
- eigene Gewinnspielteilnehmeradressen
- Adressen aus öffentlichen Verzeichnissen
- angemietete Verbraucheradressen im Wege der transparenten Nutzung oder
- angekaufte Verbraucheradressen im Wege der transparenten Übermittlung
genutzt werden sollen und damit datenschutzrechtlich keine Einwilligung vonnöten wäre, zwingt die Rechtslage dennoch zur Einwilligung für den Werbeweg.
Telefonakquise: Kunden rechtssicher informieren
Unternehmen sind also gut beraten, wenn sie im B2B-Bereich andere Wege als E-Mail-Werbung nutzen – beispielsweise die Telefonakquise, die intern aufgebaut viele Chancen auf das Neukundengeschäft bietet. Auch hier sollten Sie beachten: Laut UWG dürfen Sie dem Kunden hinterher nur Informationsmaterial per E-Mail schicken, wenn er sich dazu im Telefongespräch ausdrücklich einverstanden erklärt hat.
Im Zweifel sollten sich Mitarbeiter den Kundenwunsch noch einmal schriftlich bestätigen lassen. In der Praxis können Sie jedoch davon ausgehen, dass kein Kunde, der sein Einverständnis am Telefon geäußert hat, abmahnt, wenn er Informationen von Ihnen erhält. Was es bei der Rechtslage zur Telefonakquise noch zu beachten gilt, erfahren Sie in unserem Blogartikel "Die Rechtslage bei Telefonakquise".
Fallbeispiel: so bitte nicht!
Neulich in meinem Postfach: „Bla Bli Blup Medien-Agentur“ (Name von mir geändert) blinkt mir ein buntes Mailing entgegen. „Wir sind konkurrenzlos in ...“ und dann folgt eine Aufzählung unterschiedlicher Marketing-Dienstleistungen. Im Abbinder ein seltsamer Hinweis:
„Diese Nachricht ist kein Angebot gemäß Art. 66 des Zivilgesetzbuches. Diese Nachricht wurde von der Bla Bli Blup Medien-Agentur an angegebene E-Mail Adresse gesendet, die als eine E-Mail Adresse des Unternehmers gemäß Art. 43 [1] des Zivilgesetzbuches gilt und aus der Datenbank des Unternehmens Kompass stammt, die zum Unternehmen Kompass International mit Sitz in Frankreich gehört. Diesbezüglich ist diese Nachricht keine unerwünschte kommerzielle Geschäftssendung nach Vorschriften des Gesetztes über elektronische Dienstleistungen.“
Mal abgesehen vom Rechtschreibfehler, ist das seriös? Eine Nachfrage bei Rechtsanwältin Jutta Löwe ergibt ein klares Nein: „Der Hinweis ist nach geltender Rechtslage Unsinn. Außerdem gibt es kein Zivilgesetzbuch, und das BGB – sofern gemeint – hat keine Artikel sondern Paragraphen.“